DER BETRIEB 23 - page 30

fu¨r den deutschen Markt Dienstleistungen in den Bereichen
Marketing, Hosting sowie Forschung und Entwicklung
(F&E)“
21
. Im Lagebericht 2010/2011 der Apple GmbH heißt
es: „Die Apple GmbH stellt den anderen Konzerngesellschaften
der Apple Gruppe Vertriebsunterstu¨tzung und Marketingdiens-
te zur Verfu¨gung sowie auch F&E Ta¨tigkeiten im Hinblick auf
die Entwicklung von Computerprogrammen und Medien- und
Kommunikationsforschung“
22
. Die
Umsa¨tze
bemessen sich dabei
im Wesentlichen nach Verrechnungspreisgestaltungen im Kon-
zernverbund gem. der
Kostenaufschlagsmethode
23
, weshalb die
Umsatzerlo¨se gering ausgewiesen werden ko¨nnen und die Steu-
erbelastung vor Ort gering bleibt. Die Entgelte aus den Kern-
gescha¨ften (Werbeentgelte etc.) mit den Abnehmern in EMEA
fließen hingegen direkt an die irische Gesellschaft IRL und da-
mit vorbei am deutschen Fiskus.
III. Die spezielle Wu¨rze: Unternehmensinterne,
(nahezu) unversteuerte Lizenzgebu¨hren
Die Wu¨rze in der zuvor genannten Konzernstruktur besteht im
Ausscho¨pfen der Verrechnungspreispolitik; denn mittels des
Durchreichens von Lizenzgebu¨hren auf Unternehmensebene
ko¨nnen Gewinne nahezu unversteuert verlagert werden. Abb. 4
auf S. 1263 veranschaulicht den Weg der Lizenzgebu¨hren.
Zuna¨chst wurden in der Vergangenheit Rechte an immate-
riellen Gu¨tern von der US-amerikanischen Muttergesellschaft
M auf die irische Gesellschaft B u¨bertragen, wobei sich B im
Gegenzug verpflichtete, die erhaltenen Wirtschaftsgu¨ter weiterzu-
entwickeln (
Schritt 1
). Zusa¨tzlich wurde ein Kostenumlagevertrag,
ein sog.
Cost-Sharing-Agreement
24
, aufgesetzt
25
. Als Grundlage
dieses Transfers fungiert ein
Advance Pricing Agreement
(APA)
26
aus dem Jahr 2006 zwischen Google und der US-amerikani-
schen Steuerverwaltung IRS, dessen Inhalt jedoch nie vero¨ffent-
licht wurde
27
. Der Transfer der Immaterialgu¨terrechte bezweckt,
dass die hieraus erzielten Einku¨nfte nicht mehr der US-Besteue-
rung unterliegen, da es sich aus US-amerikanischer Sicht um
ausla¨ndische Einku¨nfte handelt.
Die niederla¨ndische Tochtergesellschaft NL erha¨lt von ihrer
irischen Muttergesellschaft B eine Lizenz zur Nutzung der Im-
materialgu¨ter und zahlt dafu¨r Lizenzgebu¨hren an B. Die Zwi-
schengesellschaft NL wiederum vergibt an ihre irische Schwes-
tergesellschaft IRL eine Unterlizenz und erha¨lt dafu¨r a¨quivalent
Lizenzgebu¨hren
28
. Dieses Konstrukt gewa¨hrleistet, dass die ho-
hen Betriebseinnahmen, welche die operative Gesellschaft IRL
aus ihrem EMEA-Gescha¨ft generiert, durch Betriebsausgaben
in Form von Lizenzgebu¨hren geschma¨lert und mittels der Zwi-
schengesellschaft NL an B weitergereicht werden, wo schließlich
die Lizenzgebu¨hren steuerlich gesehen am Ort der tatsa¨chlichen
Kontrolle von B erfasst werden. Insofern findet eine
Agglomera-
tion in einem Steuerparadies
(Bermuda bzw. Britische Jungfern-
inseln) statt und die Lizenzgebu¨hren bleiben nahezu unversteuert.
Die operative Gesellschaft IRL erwirtschaftet den Großteil
der Entgelte, die außerhalb der USA erzielt werden (
Schritt 2
).
Deutschland und die u¨brigen EMEA-Staaten besitzen keine
Rechtsgrundlage, diese Entgelte zu besteuern. Einzig Irland
wird jene als Ansa¨ssigkeitsstaat der IRL im Rahmen der unbe-
schra¨nkten KSt-Pflicht einem KSt-Satz von 12,5% unterwerfen.
Diametral zu den hohen Entgelten werden Lizenzgebu¨hren an
die niederla¨ndische NL aufgrund der bestehenden Unterlizenz
geleistet (
Schritt 3
), um im Ergebnis bei IRL ein mo¨glichst ge-
ringen Gewinn mit einer entsprechend niedrigen irischen Steu-
erlast zu ermo¨glichen. Eine Quellensteuer auf die Lizenzgebu¨h-
ren, die IRL an NL zahlt, fa¨llt nicht an, da es sich bei der NL
um eine in der EU ansa¨ssige Schwestergesellschaft der ebenfalls
in der EU ansa¨ssigen IRL handelt und die Quellensteuer auf-
grund der Zins- und Lizenzgebu¨hren-RL
29
mit Null festzuset-
zen ist (insbesondere Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Buchst. b und Art. 3
Buchst. b Dreifachbuchst. iii ZL-RL)
30
.
Wie bereits unter II. 3. ausgefu¨hrt, dient die niederla¨ndische
Gesellschaft NL lediglich als Durchlaufgesellschaft fu¨r Lizenz-
gebu¨hren. NL erha¨lt von der IRL Lizenzeinnahmen und leitet
jene simultan an B (
Schritt 4
). Die aufgrund des
dealing-at-
arm’s-length-principle
nur geringfu¨gige Marge unterliegt dem
niederla¨ndischen KSt-Satz von 20% bzw. 25%. Die Zwischen-
schaltung der NL rechtfertigt das niederla¨ndische Steuerrecht,
21 Lagebericht der Google Germany GmbH zum 31. 12. 2011, 1. Gescha¨ftsver-
lauf und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stichwort „Gescha¨ftsta¨tig-
keit“.
22 Lagebericht der Apple GmbH Mu¨nchen fu¨r das Gescha¨ftsjahr 2010/11, 1 All-
gemeine Wirtschaftslage und Gescha¨ftsentwicklung, 1.1 Unternehmens-
struktur.
23 Vgl. Anhang des Jahresabschlusses der Google Germany GmbH zum 31. 12.
2011, IV. Erla¨uterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung.
24 Zu dessen Ausgestaltung und Wirkungsweise vgl.
Darby/Lemaster
, Practical
US/International Tax Strategies 2007 Vol. 11 No. 9 p. 2 (13).
25 Vgl. insb. Treasury Regulations Sec. 1.482 IRC. Durch den Kostenumlagever-
trag wird Sec. 367 (d) IRC umgangen. In diesem Zusammenhang zeugt die
Rechtsprechung in der Sache
Veritas
(jetzt zu Symantec Corp. geho¨rend) aus
dem Jahr 2009 von Interesse, vgl. US Tax Court vom 10. 12. 2009, Docket
No 12075-06,
[letzter
Abruf: 15. 5. 2013]. Vgl. auch
Ditz
, in: Raupach/Pohl/Ditz/Schmidt, Praxis
des Internationalen Steuerrechts 2011, 2011, Internationale Entwicklungen
bei Verrechnungspreisen und Betriebssta¨tten, S. 113.
26 APA stellen Vorwegausku¨nfte der Finanzbeho¨rden im Zusammenhang mit
Verrechnungspreisbestimmungen dar, die verbindlich gegenu¨ber den Steuer-
pflichtigen erteilt werden.
27 Die nach dem Jahr 2003 stattgefundenen Transaktionen von Google bildeten
hingegen keine Gegensta¨nde von APA. Vgl.
Drucker
, Bloomberg Business-
week vom 13. 10. 2011,
ting-how-google-shifted-profits-offshore-to-avoid-taxes.html [letzter Ab-
ruf: 15. 5. 2013]. Im Jahr 2006 wurden nach Angaben der US-amerikani-
schen Steuerbeho¨rde insgesamt 82 APA abgeschlossen. Vgl. IRS, Announce-
ment and Report Concerning Advance Pricing Agreements vom 26. 2. 2007,
p. 1,
[letzter Abruf: 15. 5. 2013].
28 Vgl. auch Google Netherlands Holdings B.V., Annual Report 2011, p. 8, in
dem es heißt: „Net turnover represents the amounts charged as royalty
income to group companies minus the royalties paid to group companies
according to the royalty agreements.“
29 Vgl. RL 2003/49/EG des Rates vom 3. 6. 2003 u¨ber eine gemeinsame Steuer-
regelung fu¨r Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebu¨hren zwischen verbunde-
nen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten, ABlEU L 157 vom 26. 6.
2003, S. 49.
30 Vgl.
van Helvoirt
, a.a.O. (Fn. 19), Rdn. 224.
1262
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013
1...,20,21,22,23,24,25,26,27,28,29 31,32,33,34,35,36,37,38,39,40,...96
Powered by FlippingBook