der Kla¨gerin jedoch zur Folge gehabt, dass jene die Mieten fu¨r
den Fall, dass die Abtretung ihre Wirksamkeit verlor, zweimal
ha¨tte zahlen mu¨ssen, na¨mlich einmal an die Masse und ein wei-
teres Mal an die Kla¨gerin. Dass die Beklagte bereit war, gerade
dieses Risiko einzugehen, kann der Entstehungsgeschichte der
Erkla¨rung nicht entnommen werden, insbesondere wegen der
beiden Seiten bekannten Warnungen der kommunalen Auf-
sichtsbeho¨rde. Zudem ha¨tten die Vertragsparteien die Absiche-
rung der Kla¨gerin in der Insolvenz auf andere Weise erreichen
ko¨nnen, ohne die Beklagte der Gefahr der zweimaligen Zahlung
der Mieten auszusetzen.
Wirksamkeit der Abtretung ku¨nftiger Mieten in der Insolvenz
des Vermieters nur in den Grenzen des § 110 InsO
22
I
b)
Die Revision hat auch insoweit keinen Erfolg, als sie sich
gegen die Verneinung eines hilfsweise auf die Abtretung in § 5
des Forfaitierungsvertrages gestu¨tzten Anspruchs wendet. Die
sich aus diesem Vertrag ergebende Abtretung ku¨nftiger Mieten
entfaltet in der Insolvenz des Vermieters als eine nach § 91
Abs. 1 InsO grundsa¨tzlich unwirksame Vorausverfu¨gung nur in
den Grenzen des § 110 InsO Wirkungen. Da die Verfahrens-
ero¨ffnung am 13. des laufenden Monats erfolgte, verlor die Abtre-
tung mit Beginn des Folgemonats (Juli 2003) ihre Wirksamkeit.
Anwendung der 1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung auf
die 1997 geschlossenen Vertra¨ge
23
I
aa)
Auf die im Jahr 1997 geschlossenen Vertra¨ge findet die
am 1. 1. 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung, insbesondere
auch die Vorschriften der §§ 91, 108 ff. InsO, Anwendung.
Unstreitig ist das Insolvenzverfahren u¨ber das Vermo¨gen der
Schuldnerin im Jahr 2002 beantragt worden. Damit gilt die
Insolvenzordnung auch fu¨r Rechtsverha¨ltnisse, die vor dem 1. 1.
1999 begru¨ndet worden sind (§ 359 InsO, Art. 110 Abs. 1,
Art. 103, 104 EGInsO).
Die nach Insolvenzero¨ffnung fortbestehenden Mietanspru¨che
sind vorbehaltlich der Wirkungen der §§ 91, 110 InsO von der
Abtretung erfasst
24
I
bb)
Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Vertragsver-
ha¨ltnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten in der Sache
um einen Mietvertrag, einen Leasingvertrag oder um einen
Mietkaufvertrag
4
handelt. In jedem Fall bestand das Vertrags-
verha¨ltnis im Fall der Insolvenz der Schuldnerin – bezogen auf
die Verpflichtung, den Gebrauch an dem Gegenstand zu u¨ber-
lassen und dafu¨r ein Entgelt zu entrichten – fort, wie sich aus
§ 108 Abs. 1 InsO ergibt. Alle drei Vertragstypen unterfallen in-
soweit dem Mietrecht
5
und somit dieser Vorschrift
6
. Daher be-
standen die Anspru¨che auf Zahlung der Mieten auch fu¨r die Zeit
nach der Insolvenzero¨ffnung am 13. 6. 2003 fort und wurden
– vorbehaltlich der Wirkungen der §§ 91, 110 InsO – von der
Abtretung erfasst.
§ 110 Abs. 1 InsO verdra¨ngt in seinem Anwendungsbereich § 91
InsO
25
I
cc)
Nach der Rechtsprechung des Senats beschra¨nkt § 110
Abs. 1 InsO – ebenso wie die Parallelvorschrift des § 114 Abs. 1
InsO
7
– nicht die Wirksamkeit von Vorausverfu¨gungen u¨ber
Mietforderungen, sondern verdra¨ngt in seinem Anwendungs-
bereich § 91 InsO
8
. Mithin begru¨nden die besonderen Vor-
schriften (in ihren zeitlichen Grenzen) die Wirksamkeit der Vo-
rausabtretung, auch wenn diese nach der allgemeinen, die Masse
schu¨tzenden Vorschrift des § 91 InsO unwirksam wa¨re. Ist die
Vorausverfu¨gung des Schuldners fu¨r die Zeit nach Insolvenz-
ero¨ffnung hingegen nicht nach den §§ 81, 91 Abs. 1 InsO un-
wirksam, ist fu¨r eine Anwendung von § 110 InsO kein Raum
9
.
Der Senat ha¨lt an dieser Rechtsprechung trotz einiger Gegen-
stimmen im Schrifttum
10
fest.
Nach Ablauf der in § 110 Abs. 1 InsO genannten Frist beurteilt
sich die Wirksamkeit der Vorausverfu¨gung allein nach § 91
Abs. 1 InsO
26
I
dd)
Da die Frist des § 110Abs. 1 Satz 1 InsO fu¨r die hier einge-
klagten Forderungen abgelaufen ist, beurteilt sich die Frage nach
der Wirksamkeit der Vorausabtretung in dem Forfaitierungsver-
trag nach Ero¨ffnung des Insolvenzverfahrens allein nach § 91
Abs. 1 InsO. Danach hat die Vorausverfu¨gung keine Wirkung.
Insolvenzfestigkeit der Abtretung, wenn Zessionar vor Ero¨ff-
nung des Insolvenzverfahrens gesicherte Rechtsposition erlangt
27
I
(1)
Nach § 91 Abs. 1 InsO ko¨nnen Rechte an den Gegen-
sta¨nden der Insolvenzmasse nach der Ero¨ffnung des Insolvenz-
verfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine
Verfu¨gung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung fu¨r
einen Insolvenzgla¨ubiger zugrunde liegt. Im Falle der Abtretung
einer ku¨nftigen Forderung ist der Verfu¨gungstatbestand mit
dem Zustandekommen des Abtretungsvertrages abgeschlossen.
Der Rechtsu¨bergang vollzieht sich jedoch erst mit dem Entste-
hen der Forderung. Entsteht die im Voraus abgetretene Forde-
rung erst nach der Ero¨ffnung des Insolvenzverfahrens, kann der
Zessionar deshalb gem. § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungsrecht
mehr zulasten der Masse erwerben. Nur wenn der Zessionar be-
reits vor der Ero¨ffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte
Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt
hat, ist die Abtretung insolvenzfest
11
. Werden Anspru¨che aus
Dauerschuldverha¨ltnissen abgetreten, kommt es deshalb darauf
an, ob sie bereits mit dem Vertragsschluss betagt entstehen, mit-
hin nur hinsichtlich ihrer Fa¨lligkeit vom Ablauf einer Frist ab-
ha¨ngig sind, oder befristet entstehen, weil sie in ihrem Bestehen
vom Ablauf der Frist abha¨ngig sind; nur im ersten Fall hat der
Abtretungsempfa¨nger eine gesicherte Rechtsposition
12
.
Unwirksamkeit der Abtretung von Mietforderungen nach Ablauf
der Frist des § 110 InsO
28
I
Im Allgemeinen sind Mietforderungen als aufschiebend be-
fristete Forderungen anzusehen, weil der Anspruch auf Entrich-
4 Vgl.
von Westphalen
, Der Leasingvertrag, 6. Aufl., Kap. B Rdn. 78 ff.
5 Vgl. BGH-Urteil vom 25. 1. 1989 – VIII ZR 302/87, BGHZ 106 S. 304 (308) =
DB 1989 S. 872, m. w. N.; vom 14. 12. 1989 – IX ZR 283/88, BGHZ 109
S. 368 (370 f.) = DB 1990 S. 372;
von Westphalen
, a.a.O. (Fn. 4), Kap. B
Rdn. 2, 86.
6 Vgl.
Eckert
, in: Mu¨nchKomm-InsO, 2. Aufl., § 108 Rdn. 28, 35;
Tintelnot
, in:
Ku¨bler/Pru¨tting/Bork, InsO, 2007, § 108 Rdn. 6;
Wegener
, in: Frankfurter
Komm-InsO, 7. Aufl., § 108 Rdn. 15.
7 BGH-Urteil vom 11. 5. 2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167 S. 363 = DB0145096,
Rdn. 9 ff., 12.
8 BGH-Urteil vom 14. 12. 2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170 S. 196 = DB 2007
S. 278, Rdn. 12; vom 17. 9. 2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182 S. 264 = DB
2010 S. 51, Rdn. 10; vom 20. 9. 2012 – IX ZR 208/11, DB 2013 S. 172 = ZIP
2012 S. 2358, Rdn. 15.
9
Wegener
, in: Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 110 Rdn. 13;
Kayser
, in: Heidel-
berger Komm-InsO, 6. Aufl., § 91 Rdn. 15; vgl.
Ahrendt
, in: Hamburger
Komm-InsO, 4. Aufl., § 110 Rdn. 7;
Eckert
, a.a.O. (Fn. 6), § 110 Rdn. 11.
10
Flo¨ther/Wehner
, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 110 Rdn. 2;
Windel
, in: Jaeger, InsO, § 91 Rdn. 54;
Reichelt/Tresselt
, ZfIR 2012 S. 501
(502 f.);
Marotzke
, in: Heidelberger Komm-InsO, 6. Aufl., § 110 Rdn. 5;
Tintelnot
, a.a.O. (Fn. 6), § 110 Rdn. 8.
11 BGH vom 20. 9. 2012, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 13, m. w. N.
12 BGH vom 20. 9. 2012, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 14, m. w. N.; vgl. auch BGH vom
17. 9. 2009, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 10.
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013
Wirtschaftsrecht
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