DER BETRIEB 23 - page 66

tung der Miete – a¨hnlich wie der Anspruch auf Vergu¨tung fu¨r
geleistete Dienste
13
– erst zum Anfangstermin des jeweiligen
Zeitraums der Nutzungsu¨berlassung entsteht. Dies entspricht
der gefestigten Rechtsprechung
14
. Nach § 91 Abs. 1 InsO wird
die Abtretung solcher Forderungen mit Ablauf der Frist in
§ 110 InsO unwirksam
15
.
Vorausabtretung von Leasingraten bleibt hingegen in der Insol-
venz des Leasinggebers wirksam
29
I
Etwas anderes gilt fu¨r die Grundmietzeit des Finanzierungs-
leasings, weil die Forderungen auf Zahlung der Leasingraten be-
tagte Forderungen darstellen. Sie entstehen nicht erst nach
Maßgabe der zeitlichen Entwicklung des Dauerschuldverha¨lt-
nisses, sondern sind in jeder Weise durch den Leasingvertrag
rechtlich von vornherein festgelegt, weil die feste Dauer der
Mietzeit, die Fa¨lligkeit und die Ho¨he der Leasingraten wesent-
licher Bestandteil des Finanzierungsleasings sind, bei dem Ku¨n-
digungsmo¨glichkeiten vor Ablauf der Grundmietzeit i. d. R.
ausgeschlossen sind
16
. Es kommt hinzu, dass die vereinbarten
Leasingraten nicht nur das Entgelt fu¨r eine zeitlich begrenzte
Gebrauchsu¨berlassung, sondern zugleich fu¨r die vom Leasing-
geber erbrachte Finanzierungsleistung sind. Auch dies rechtfer-
tigt es, sie als betagte Forderungen zu behandeln
17
. Dies hat zur
Folge, dass die Vorausabtretung der Leasingrate in der Insolvenz
des Leasinggebers wirksam bleibt, weil die Forderung schon vor
Insolvenzero¨ffnung entstanden ist.
30
I
Entschieden hat der Senat dies in dem zitierten Urteil vom
14. 12. 1989
18
zu §§ 15, 21 KO und fu¨r einen Leasingvertrag
u¨ber bewegliche Gegensta¨nde. Fu¨r §§ 91, 110 InsO
19
sowie fu¨r
Finanzierungsleasingvertra¨ge u¨ber unbewegliche Gegensta¨nde
gilt nichts anderes, sofern der Leasingvertrag in der Weise aus-
gestaltet ist, dass die Forderungen auf Zahlung der ku¨nftigen
Leasingraten bereits mit Vertragsschluss als betagte Forderungen
entstehen.
31
I
Allerdings wird in der Literatur erwogen, beim Leasing un-
beweglicher Gegensta¨nde die Vorausabtretung des dem Ge-
brauchswert entsprechenden Teils der Leasingraten u¨ber die
zeitlichen Schranken des § 110 Abs. 1 InsO hinaus als unwirk-
sam und nur hinsichtlich des die Finanzierung betreffenden
Teils als wirksam anzusehen, weil die fortdauernde U¨ berlassung
des Leasingobjektes nach Verfahrensero¨ffnung eine nicht ver-
nachla¨ssigbare Leistung der Masse darstelle
20
. Diese Erwa¨gung
mu¨sste in gleicher Weise auch fu¨r Leasingvertra¨ge u¨ber beweg-
liche Gegensta¨nde gelten. Hier hat der Senat jedoch bereits ent-
schieden und ha¨lt nach U¨ berpru¨fung daran fest, dass es der Mas-
se auch ohne gleichwertige Gegenleistung zuzumuten ist, dem
Leasingnehmer den Gebrauch zu gewa¨hren, sofern sich die Ge-
brauchsgewa¨hrung darauf beschra¨nkt, den Leasingnehmer nicht
in der Nutzung zu sto¨ren und ihn allenfalls gegenu¨ber Sto¨rungen
durch Dritte zu unterstu¨tzen
21
.
Forderungen auf die ku¨nftigen Mieten sind vorliegend nicht be-
tagt, sondern nur befristet entstanden
32
I
(2)
Das Vertragsverha¨ltnis zwischen der Beklagten und der
Schuldnerin ist jedoch abweichend von den Gegebenheiten eines
u¨blichen Leasingvertrages derart ausgestaltet, dass die Forderun-
gen auf die ku¨nftigen Mieten nicht betagt, sondern nur befristet
entstanden sind.
33
I
Unerheblich ist allerdings, dass die Parteien den U¨ berlas-
sungsvertrag als Mietvertrag bezeichnet und im Vertragstext ein-
heitlich mietrechtliche Bezeichnungen verwendet haben. Denn
es kommt auf die Verwendung bestimmter Bezeichnungen nicht
an. Maßgebend ist vielmehr, ob sich der Inhalt des Vertrages
von einem gewo¨hnlichen Mietvertrag in erheblicher Weise un-
terscheidet. Bei einem Finanzierungsleasingvertrag ko¨nnen die
Vertragsparteien abweichend von dem in erster Linie maßgeb-
lichen Mietrecht die Sach- und Preisgefahr auf den Leasingneh-
mer abwa¨lzen, die mietrechtliche Gewa¨hrleistung des Leasing-
gebers bei gleichzeitiger Abtretung der kaufrechtlichen Gewa¨hr-
leistungsanspru¨che gegen den Lieferanten ausschließen und re-
geln, dass der Vertrag wa¨hrend einer befristeten Grundmietzeit
nur außerordentlich geku¨ndigt werden darf. Sie ko¨nnen auch die
Rechtsfolgen einer ordentlichen oder außerordentlichen Ver-
tragsbeendigung vor Ablauf der vorgesehenen Leasingzeit dem
Vertragszweck anpassen, um zu erreichen, dass der Leasingneh-
mer nach Ablauf der Vertragszeit auch in diesem Fall fu¨r die ge-
samten Finanzierungskosten aufzukommen hat
22
.
34
I
Hier haben die Beklagte und die Schuldnerin in dem streit-
gegensta¨ndlichen Mietvertrag mietvertragstypische Vereinbarun-
gen getroffen, die nicht wesentlich von einem gewo¨hnlichen
Mietvertrag abweichen. Die Schuldnerin schuldete wa¨hrend der
Mietzeit auch die u¨blichen Mietnebenleistungen (Wasser,
Strom, Beheizbarkeit u. a.) und hatte der Beklagten das Miet-
objekt in einem zum vertragsgema¨ßen Gebrauch geeigneten Zu-
stand zu u¨berlassen und es wa¨hrend der Mietzeit in diesem Zu-
stand zu erhalten. Sie trug – leasinguntypisch – die notwendigen
Instandsetzungs- und Instandhaltungsaufwendungen und war
zur Gewa¨hrleistung nach §§ 537 ff. BGB a. F. verpflichtet. Mit-
hin beschra¨nkte sich ihre Verpflichtung, der Beklagten den Ge-
brauch der Mietsache zu u¨berlassen, nicht darauf, sie in ihrer
Nutzung nicht zu sto¨ren. Mit der U¨ bernahme der mietrecht-
lichen Gewa¨hrleistung konnten erhebliche Belastungen auf die
Schuldnerin und in ihrer Insolvenz auf die Masse zukommen,
die dieser ohne gleichwertige Gegenleistungen nicht zugemutet
werden ko¨nnen
23
.
35
I
Es kommt Weiteres hinzu: Das auf 25 Jahre angelegte Miet-
verha¨ltnis konnte die Beklagte ordentlich mit einer sechsmonati-
gen Ku¨ndigungsfrist jeweils zum Ende eines jeden Jahres ku¨ndi-
gen. Damit waren die Mietraten nicht in jeder Weise durch den
Mietvertrag rechtlich von vornherein festgelegt, wie es fu¨r die
Annahme einer betagten Forderung erforderlich ist
24
.
36
I
Allerdings darf fu¨r die Beurteilung des Vertragsverha¨ltnisses
zwischen der Beklagten und der Schuldnerin nicht allein der
13 Vgl. hierzu BGH vom 20. 9. 2012, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 14.
14 Vgl. BGH vom 17. 9. 2009, a.a.O. (Fn. 8), m. w. N.
15 Vgl. BGH vom 20. 9. 2012, a.a.O. (Fn. 8); vom 11. 10. 2012 – IX ZR 30/10,
DB 2012 S. 2569 = NZI 2012 S. 883, Rdn. 17.
16 BGH vom 14. 12. 1989, a.a.O. (Fn. 5), BGHZ 109 S. 368 (372 f.); vgl. BGH
vom 30. 1. 1997 – IX ZR 89/96, DB 1997 S. 1024 = ZIP 1997 S. 513 (514).
17 BGH-Urteil vom 28. 3. 1990 – VIII ZR 17/89, BGHZ 111 S. 84 (94 f.) = DB
1990 S. 1228; vom 3. 6. 1992 – VIII ZR 138/91, BGHZ 118 S. 282 (290 f.) =
DB 1992 S. 1570; vgl. auch Urteil vom 10. 11. 2011 – IX ZR 142/10, BGHZ
191 S. 277 = DB0463065, Rdn. 12.
18 A.a.O. (Fn. 5).
19 Vgl. BGH-Urteil vom 14. 1. 2010 – IX ZR 78/09, DB 2010 S. 330 = NZI 2010
S. 220, Rdn. 21; vom 10. 11. 2011, a.a.O. (Fn. 17).
20
Eckert
, a.a.O. (Fn. 6), § 110 Rdn. 17 f, § 108 Rdn. 34;
Reichelt/Tresselt
, ZfIR
2012 S. 501 (504).
21 BGH vom 14. 12. 1989, a.a.O. (Fn. 5), BGHZ 109 S. 369 (379 f.); vgl. Be-
schlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. 5. 1996 zu
dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur A¨ nde-
rung des AGB-Gesetzes, BT-Drucks. 13/4699 S. 6.
22 Vgl. BGH vom 28. 3. 1990, a.a.O. (Fn. 17); vom 11. 3. 1998 – VIII ZR 205/97,
DB 1998 S. 921 = NJW 1998 S. 1637 (1638).
23 Vgl. BGH vom 14. 12. 1989, a.a.O. (Fn. 5), BGHZ 109 S. 368 (372 f.);
Eckert
,
a.a.O. (Fn. 6), § 110 Rdn. 38; a. A. wohl Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses vom 22. 5. 1996 zu dem Gesetzesentwurf der Bun-
desregierung zur A¨ nderung des AGB-Gesetzes, BT-Drucks. 13/4699 S. 6.
24 Vgl. BGH vom 14. 12. 1989, a.a.O. (Fn. 5), BGHZ 109 S. 368 (272 f.).
1294
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 23 | 7. 6. 2013
1...,56,57,58,59,60,61,62,63,64,65 67,68,69,70,71,72,73,74,75,76,...96
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